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Erstellt:13.05.2012
Aktualisiert:13.05.2012
  

Zum Tod von Günther Kaufmann


Er war ein begnadeter Schauspieler und ein groß­artiger Mensch. Er wird uns allen fehlen. Uns allen? Wohl eher nicht, denn ich kannte ihn gar nicht und des­halb weiß ich auch gar nicht, ob er ein be­gnadeter Schau­spieler war. Keine Ahnung. Aber eines weiß ich jetzt über ihn, näm­lich daß er einen Tod fand, der gnädig hätte sein können und doch schreck­lich war. Die Sache mit der Gnade ist schnell er­klärt, denn sein Tod kam plötz­lich und ohne vor­heriges Lei­den. Er mußte im Gegen­satz zu vielen anderen Men­schen seinem Ende nicht lange ent­gegen­sehen und hatte wohl bis zuletzt auch keine Schmerzen.

Umso schrecklicher war sein Tod, denn ich lese hier gerade fassungs­los die Mel­dung, daß die Ärtze volle zwei Stunden lang auf dem Mann herum­geturnt sind. Zwei Stunden lang, haben die Ärtze unter An­wen­dung brachialer Gewalt sein Blut mit Sauer­stoff an­gerei­chert und durch den Körper gepumpt. Wenn also noch etwas im Hirn von Günther Kauf­mann  funktio­nierte, dann volle zwei Stun­den lang. Günther Kauf­mann hätte einen plötz­lichen, un­erwarteten, schmerz­losen und schnellen Tod haben können und musste wo­möglich mit dem Rest seines Bewußt­seins zwei Stunden lang einen elendigen, jämmer­lichen Tod sterben.

Und wie ich so darüber nach­denke, stelle ich fest, daß ich so nicht sterben möchte. Ich frage mich auch, warum Ärtze das tun. Ist es ihr hippo­kratischer Eid, der sie zu solchen un­mensch­lichen Taten treibt? Die Ärtze werden auf­grund ihrer Aus­bildung ja schon wissen, daß nach spätes­tens ein paar Minu­ten Herz­still­stand das Hirn soweit ge­schädigt sein dürfte, daß der be­troff­ene Mensch, wenn sie ihn denn retten können, nicht mehr der­selbe sein wird. Und trotz­dem scheinen sie der Mei­nung zu sein, diesem Men­schen einen Ge­fallen zu tun, indem sie sein nacktes Leben retten. Wirk­lich?

Nein. Ärzte, die zwei Stunden lang auf Tod­geweihten herum­turnen oder 90-jährige Greise mit Appa­raten und Medi­kamenten künst­lich am Leben halten, wollen diesen Men­schen nicht helfen, son­dern nur sich selbst. Es ist reiner, purer Ego­ismus und hat mit Mensch­lich­keit, Ethik und Moral rein gar nichts zu tun.

Zwei Stunden sind sie auf diesem Mann herum­geturnt und nie­mand kann also sagen, die Ärtze hätten nicht alles getan. Nie­mand kann ihnen zum Vor­wurf machen, sie hätten zu früh auf­ge­geben. Stellen wir uns vor, Kauf­mann hätte die schreck­liche Proze­dur über­lebt. Sein Gehirn wäre gewiss schwer ge­schädigt ge­wesen aber das ist diesen Ärtzen egal, denn sie hätten ja immer­hin sein Leben ge­rettet. Oder zumin­dest das, was von einem Le­ben dann noch übrig ge­wesen wäre.

Was haben diese zwei Stunden also ge­bracht? Für Günther Kauf­mann nichts. Er mußte zwei Stunden lang einen schreck­lichen, schmerz­haften Tod ster­ben und viel­leicht sogar war ein Stück von seinem Be­wußt­sein noch dabei. Hätte er über­lebt, wäre er sein rest­liches Leben nicht mehr er selbst ge­wesen, sondern je­mand völlig anderes. Sehr wahr­schein­lich wäre er ein hilf­loser, un­selbst­ständiger Mensch ge­wesen, der ohne fremde Hilfe nicht über­lebens­fähig ge­wesen wäre. Man darf sich wirk­lich fragen, ob ein 64-jähriger Me­nsch den Ärtzen dafür dank­bar sein könnte.

Was haben die zwei Stunden für die Ärtze gebracht? Völlig egal, was aus Kauf­mann gewor­den ist, bzw. geworden wäre, stehen die Ärzte mit weißer Weste da. Nie­mand kann ihnen einen Vor­wurf machen. Wirk­lich niemand?

Doch, ich schon.

Linktipp  Spiegel-Interview mit einem Rettungs­medinziner

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