Nachfolgend finden Sie eine Liste von Gesetzen, die das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) wegen ihrer Verfassungswidrigkeit für nichtig erklärt hat.
Interessanterweise sind das nicht nur ein paar, sondern gleich alle
Überwachungs- bzw. Sicherheitsgesetze, die nach 9/11 von den Bundesregierungen
verabschiedet wurden. Das ist kein Dilletantismus, kein Versehen und kein Leichtsinn,
sondern der offene und systematische Angriff auf unsere Grund- und Bürgerrechte.
Es ist der unverhohlene Versuch, die Grenzen der Verfassung zu überdehnen.
Die gesetzgebende Gewalt ist an die Grundrechte gebunden. Es wäre nicht
nur ihre Plicht, sich an die Verfassung zu halten, sondern auch, sie mit aller
Kraft zu schützen. Stattdessen versucht die Bundesregierung wo immer
es geht, das Grundgesetz auszuhebeln, es zu umgehen oder seine Grenzen zu verwischen.
Dabei wird das BVerfG wie auf dem türkischen Bazar ausgetrickst: Man fordert in einem
eindeutig verfassungswidrigen Gesetz zunächst das Doppelte dessen, was
man sich als Innenminister an Grundrechtseingriffen wünscht und kann
nur gewinnen. Wird das BVerfG nicht angerufen, hat man mehr, als man eigentlich
wollte. Wird das BVerfG jedoch angerufen, kann man sich sicher sein, daß es einem
auf halbem Wege entgegenkommt. Auf diese Weise hat sich Herr Schäuble die
heimliche Online-Durchsuchung ergaunert. Bis dahin hat niemand geglaubt, daß der
Staat einmal die Erlaubnis bekommen würde, heimliche Durchsuchungen vorzunehmen.
Sogar der Bundesgerichtshof (BGH) glaubte bis dahin:
Da kann man sich zurecht die Frage stellen, ob die Bundesregierung noch
auf dem Boden der Verfassung steht, oder ob sie nicht in Wahrheit der
gefährlichste, weil einflußreichste Feind unserer
Verfassung ist.
Die Grundrechte der Bürger sind in den Augen unserer Regierenden ein ärgerliches
Hindernis, denn sie begrenzen die Macht des Staates. Aber der Staat will allmächtig und in jeder
Situation vollumfänglich handlungsfähig sein. Er möchte Kameras in deutschen
Schlafzimmern verstecken, sich heimlich in die Gedanken- und Gefühlswelt seiner
Bürger einschleichen, und natürlich auch vollbesetzte Flugzeuge abschießen
(mehr dazu) dürfen, wenn er es nur für gut und richtig hält.
Ähnlich wie der ehemalige stellvertretende frankfurter Polizeipräsident Daschner
es nicht ertragen konnte, wegen einschränkender Gesetze handlungsunfähig zu
sein und deshalb mit Folterandrohungen sein durchaus nobles Ziel zu erreichen suchte
(mehr dazu),
kann es die Staatsmacht nicht ertragen, daß auch ihr Grenzen gesetzt sind.
Das Problem ist, daß unsere Volksvertreter absolute Narrenfreieheit genießen
und nicht mit Konsequenzen rechnen müssen, wenn sie verfassungswidrigen
Gesetzen zustimmen oder solche einbringen. So wie jeder normale Bürger bestraft wird,
wenn er sich nicht an Recht und Ordnung hält, müßten auch Politiker endlich mit
Konsequenzen rechnen, wenn sie sich nicht an Artikel 1 (3) des Grundgesetzes halten.
Doch ein solches Gesetz wird auf ewig Wunschtraum bleiben, denn welcher Abegordnete
würde schon einem Gesetz zustimmen, das ihn selbst bedroht?
03.03.2004 |
1 BvF 3/92 |
Außenwirtschaftsgesetz |
Urteil:
Die §§ 39, 40 und 41 des Außen­wirtschafts­gesetzes, zuletzt
geändert durch das Zoll­fahndungs­neuregelungs­gesetz vom 16. August 2002
(Bundesgesetzblatt I Seite 3202), sind mit Artikel 10 des Grundgesetzes unvereinbar.
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03.03.2004 |
1 BvR 2378/98 1 BvR 1084/99 |
- Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 13)
- Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität
(grosser Lauschangriff) |
Urteil:
- Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1a ist durch
seinen Tod erledigt.
- Unvereinbar nach Maßgabe der Gründe sind von den Vorschriften der
Strafprozessordnung in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der
Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 4. Mai 1998 (Bundesgesetzblatt
I Seite 845) und in der Fassung späterer Gesetze
- § 100 c Absatz 1 Nummer 3, § 100 d Absatz 3,
§ 100 d Absatz 5 Satz 2 und § 100 f Absatz 1 mit
Artikel 13 Absatz 1, Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 1
Absatz 1 des Grundgesetzes,
- § 101 Absatz 1 Satz 1 und 2 darüber hinaus mit Artikel 19
Absatz 4 des Grundgesetzes,
- § 101 Absatz 1 Satz 3 mit Artikel 103 Absatz 1
des Grundgesetzes und
- § 100 d Absatz 4 Satz 3 in Verbindung mit § 100 b
Absatz 6 mit Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
- Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer
zu 1b und 2 zurückgewiesen.
- Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern zwei Drittel ihrer
notwendigen Auslagen zu erstatten.
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18.07.2005 |
2 BvR 2236/04 |
Europäisches Haftbefehlsgesetz - EuHbG |
Urteil:
- Das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen
Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der
Europäischen Union (Europäisches Haftbefehlsgesetz – EuHbG) vom
21. Juli 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 1748) verstößt
gegen Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3,
Artikel 16 Absatz 2 und Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes
und ist nichtig.
- Der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 23. November
2004 - Ausl 28/03 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht
aus Artikel 16 Absatz 2 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird an das Hanseatische Oberlandesgericht zurückverwiesen.
- Die Bewilligungsentscheidung der Justizbehörde der Freien und Hansestadt
Hamburg vom 24. November 2004 - 9351 E - S 6 - 26.4 - verletzt den
Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 16 Absatz 2
und Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Die Bewilligungsentscheidung
wird aufgehoben.
- Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer seine
notwendigen Auslagen aus dem Verfahren der einstweiligen Anordnung und der
Verfassungsbeschwerde zu erstatten.
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27.07.2005 |
1 BvR 668/04 |
Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung |
Urteil:
- § 33a Absatz 1 Nummer 2 und 3 des Niedersächsischen Gesetzes
über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds.SOG) in der Fassung von
Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen
Gefahrenabwehrgesetzes vom 11. Dezember 2003 (Niedersächsisches
Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 414) und in der Fassung der Bekanntmachung
vom 19. Januar 2005 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt
Seite 9) ist mit Artikel 10 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
- Das Land Niedersachsen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen
Auslagen zu erstatten
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15.02.2006 |
1 BvR 357/05 |
Luftsicherheitsgesetzes (LuftSiG) (Flugzeugabschuss) |
Urteil:
- § 14 Absatz 3 des Luftsicherheits­gesetzes vom 11. Januar
2005 (Bundesgesetzblatt I Seite 78) ist mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 1
in Verbindung mit Artikel 87 a Absatz 2 und Artikel 35 Absatz 2
und 3 sowie in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes
unvereinbar und nichtig.
- Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern ihre
notwendigen Auslagen zu erstatten.
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04.04.2006 |
1 BvR 518/02 |
Rasterfahndung |
Urteil:
- Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Februar
2002 - 3 Wx 356/01 -, der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf
vom 29. Oktober 2001 - 25 T 873/01 – und der Beschluss des Amtsgerichts
Düsseldorf vom 2. Oktober 2001 - 151 Gs 4092/01 - verletzen den
Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1
in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse
des Oberlandesgerichts und des Landgerichts werden aufgehoben. Das Verfahren
wird an das Landgericht zurückverwiesen.
- Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen
Auslagen zu erstatten.
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13.06.2007 |
1 BvR 1550/03 1 BvR 2357/04 1 BvR 603/05 |
- Gesetz über das Kreditwesen - Gesetz
zur Förderung der Steuerehrlichkeit |
Urteil:
- § 93 Absatz 8 der Abgabenordnung vom 23. Dezember 2003
(Bundesgesetzblatt I Seite 2928), zuletzt geändert durch das Gesetz zur
Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung und zur Schaffung eines
Refinanzierungsregisters vom 22. September 2005 (Bundesgesetzblatt I
Seite 2809), ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Die Beschwerdeführer
zu 2a und 2b werden durch § 93 Absatz 8 der Abgabenordnung in ihrem
Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel§nbsp;1
Absatz 1 des Grundgesetzes verletzt.
- Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1b in dem Verfahren
1 BvR 2357/04 wird verworfen, soweit sie gegen § 93 Absatz 8
der Abgabenordnung gerichtet ist. Die Verfassungsbeschwerde der
Beschwerdeführer zu 2a und 2b wird verworfen, soweit sie gegen
§ 93 Absatz 7 der Abgabenordnung gerichtet ist. Die
Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 2c wird verworfen
- Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.
- Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern zu 2a und
2b die Hälfte der notwendigen Auslagen zu erstatten.
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27.02.2008 |
1 Bvr 370/07 1 BvR 595/07 |
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Verfassungsschutz
in Nordrhein-Westfalen
(heimliche Onlinedurchsuchung) |
Urteil:
- § 5 Absatz 2 Nummer 11 des Gesetzes über den Verfassungsschutz
in Nordrhein-Westfalen in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2006 (Gesetz- und
Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen, Seite 620) ist mit Artikel 2
Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 10 Absatz 1
und Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
- Damit erledigen sich die von den Beschwerdeführern gegen § 5 Absatz 3
und § 17 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen
erhobenen Rügen.
- Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1b wird zurückgewiesen,
soweit sie gegen § 5a Absatz 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz
in Nordrhein-Westfalen gerichtet ist.
- Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden verworfen.
- Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Beschwerdeführern drei Viertel ihrer
notwendigen Auslagen zu erstatten.
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11.03.2008 |
1 BvR 2074/05 1 BvR 1254/07 |
Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung
(automatische Kennzeichenerfassung) |
Urteil:
- § 14 Absatz 5 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche
Sicherheit und Ordnung (HSOG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2005
(Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen, Teil I, Seite 14) ist
mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des
Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
- § 184 Absatz 5 des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für
das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz - LVwG -) in der Fassung
von Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b des Gesetzes zur Anpassung
gefahrenabwehrrechtlicher und verwaltungsverfahrensrechtlicher
Bestimmungen vom 13. April 2007 (Gesetz- und Verordnungsblatt für
Schleswig-Holstein, Seite 234) ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung
mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
- Das Land Hessen hat den Beschwerdeführern zu 1, das Land Schleswig-Holstein
dem Beschwerdeführer zu 2 deren notwendige Auslagen zu erstatten.
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11.03.2008 |
1 BvR 256/08 |
Vorratsdatenspeicherung |
Urteil:
- § 113b Satz 1 Nummer 1 des Telekommunikationsgesetzes
in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (Bundesgesetzblatt
Teil I Seite 3198) ist bis zur Entscheidung in der Hauptsache nur mit folgenden
Maßgaben anzuwenden:
Aufgrund eines Abrufersuchens einer Strafverfolgungsbehörde nach
§ 100g Absatz 1 der Strafprozessordnung, das sich auf allein
nach § 113a des Telekommunikationsgesetzes gespeicherte Telekommunikations-
Verkehrsdaten bezieht, hat der durch das Abrufersuchen verpflichtete Anbieter von
Telekommunikationsdiensten die verlangten Daten zu erheben. Sie sind jedoch nur
dann an die ersuchende Behörde zu übermitteln, wenn Gegenstand des
Ermittlungsverfahrens gemäß der Anordnung des Abrufs eine Katalogtat
im Sinne des § 100a Absatz 2 der Strafprozessordnung ist und
die Voraussetzungen des § 100a Absatz 1 der Strafprozessordnung
vorliegen. In den übrigen Fällen des § 100g Absatz 1 der
Strafprozessordnung ist von einer Übermittlung der Daten einstweilen
abzusehen. Der Diensteanbieter hat die Daten zu speichern. Er darf die Daten nicht
verwenden und hat sicherzustellen, dass Dritte nicht auf sie zugreifen können.
- Die Bundesregierung hat dem Bundesverfassungsgericht zum 1. September
2008 nach Maßgabe der Gründe über die praktischen Auswirkungen der in
§ 113a des Telekommunikationsgesetzes vorgesehenen Datenspeicherungen
und der vorliegenden einstweiligen Anordnung zu berichten. Die Länder und der
Generalbundesanwalt haben der Bundesregierung die für den Bericht
erforderlichen Informationen zu übermitteln.
- Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
- Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern ein Drittel der
notwendigen Auslagen im Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung zu erstatten.
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17.02.2009 |
1 BvR 2492/08 |
bayerisches Versammlungsrecht |
Urteil:
- Artikel 21 Nummer 1, 2, 7, 13 und 14 des Bayerischen
Versammlungsgesetzes vom 22. Juli 2008 (GVBl S. 421) wird einstweilen
außer Kraft gesetzt.
- Artikel 9 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Versammlungsgesetzes ist
einstweilen mit der Maßgabe anzuwenden, dass zugleich die Voraussetzungen
des Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 des Bayerischen Versammlungsgesetzes
vorliegen müssen. Eine Auswertung der Übersichtsaufzeichnungen ist nur
unverzüglich nach Beendigung der Versammlung zulässig. Soweit danach die Daten
nicht in Bezug auf einzelne Personen zur Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang
mit der aufgezeichneten Versammlung oder zur Abwehr künftiger versammlungsspezifischer
Gefahren gemäß Artikel 9 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 des Bayerischen
Versammlungsgesetzes benötigt werden, müssen sie innerhalb von zwei Monaten
gelöscht oder irreversibel anonymisiert werden. Soweit Artikel 9 Absatz 2
und 4 des Bayerischen Versammlungsgesetzes weitergehende Nutzungen zulässt,
wird die Vorschrift einstweilen außer Kraft gesetzt.
- Artikel 9 Absatz 2 Satz 1 des Bayerischen Versammlungsgesetzes ist
einstweilen mit der Maßgabe anzuwenden, dass Übersichtsaufnahmen
zur Lenkung und Leitung des Polizeieinsatzes nur zulässig sind, wenn sie wegen
der Größe oder Unübersichtlichkeit der Versammlung im Einzelfall
erforderlich sind.
- Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
- Der Freistaat Bayern hat den Beschwerdeführern ein Drittel der notwendigen
Auslagen im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.
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03.03.2009 |
2 BvC 3/07 2 BvC 4/07 |
elektronische Wahlgeräte |
Urteil:
- Die Verordnung über den Einsatz von Wahlgeräten bei Wahlen zum Deutschen
Bundestag und der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik
Deutschland (Bundeswahlgeräteverordnung - BWahlGV) vom 3. September
1975 (Bundesgesetzblatt I Seite 2459) in der Fassung der Verordnung zur
Änderung der Bundeswahlgeräteverordnung und der Europawahlordnung
vom 20. April 1999 (Bundesgesetzblatt I Seite 749) ist mit Artikel 38
in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 1 und Absatz 2 des Grundgesetzes
insoweit unvereinbar, als sie keine dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der
Öffentlichkeit der Wahl entsprechende Kontrolle sicherstellt.
- Die Verwendung der elektronischen Wahlgeräte der N.V. Nederlandsche
Apparatenfabriek (Nedap) vom Typ ESD1 Hardware-Versionen 01.02, 01.03 und 01.04
sowie vom Typ ESD2 Hardware-Version 01.01 bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
war mit Artikel 38 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 1 und Absatz 2
des Grundgesetzes nicht vereinbar.
- Im Übrigen werden die Wahlprüfungsbeschwerden zurückgewiesen.
- Die Bundesrepublik Deutschland hat die notwendigen Auslagen dieses Verfahrens dem
Beschwerdeführer zu 1. vollumfänglich und dem Beschwerdeführer
zu 2. zu drei Viertel zu erstatten.
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02.03.2010 |
1 BvR 256/08 1 BvR 263/08 1 BvR 586/08 |
Vorratsdatenspeicherung
(BGBl.Nr.70 vom 31.12.2007)
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Urteil:
- 1.Die §§ 113a und 113b des Telekommunikationsgesetzes in der
Fassung des Artikel 2 Nummer 6 des Gesetzes zur Neuregelung der
Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen
sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 verstoßen
gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.
- § 100g Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung in der Fassung des Artikel 1
Nummer 11 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung
und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der
Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 verstößt, soweit danach
Verkehrsdaten nach § 113a des Telekommunikationsgesetzes erhoben
werden dürfen, gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist insoweit nichtig.
- Die aufgrund [...] erhobenen, aber einstweilen nicht nach § 113b
Satz 1 Halbsatz 1 des Telekommunikationsgesetzes an die ersuchenden
Behörden übermittelten, sondern gespeicherten
Telekommunikationsverkehrsdaten sind unverzüglich
zu löschen.
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24.02.2012 |
1 BvR 1299/05
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Herausgabe Bestandsdaten nach § 113 Telekommunikationsgesetz
Fassung vom 22.06.2004
(
BGBl. I vom 25.06.2004 )
|
Urteil:
-
§ 113 Absatz 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004
(Bundesgesetzblatt I Seite 1190) ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung
mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.
Übergangsweise, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2013, gilt die Vorschrift
mit der Maßgabe fort, daß die in der Vorschrift genannten Daten nur erhoben
werden dürfen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Nutzung
gegeben sind.
-
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen §113 Absatz 1 Satz 1 des
Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite
1190) richtet, wird sie zurückgewiesen, mit der Maßgabe, daß die
Vorschrift in Übereinstimmung mit den Gründen dieser Entscheidung (C. IV. 1.-3.)
verfassungskonform auszulegen ist und damit nur in Verbindung mit qualifizierten
Rechtsgrundlagen für den Datenabruf und nicht zur Zuordnung dynamischer
IP-Adressen angewendet werden darf.
Übergangsweise, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2013, darf die Vorschrift
auch unabhängig von diesen Maßgaben angewendet werden.
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24.04.2013 |
1 BvR 1215/07
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Antiterrordateigesetz -
Gesetz zur Errichtung einer standardisierten
zentralen Antiterrordatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten
von Bund und Ländern (ATDG)
|
Urteil:
- Die Errichtung der Antiterrordatei als Verbunddatei verschiedener
Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus
[...] ist in ihren Grundstrukturen mit der Verfassung vereinbar.
- [...]
-
Eine Verbunddatei zwischen Sicherheitsbehörden wie die Antiterrordatei bedarf
hinsichtlich der zu erfassenden Daten und ihrer Nutzungsmöglichkeiten
einer hinreichend bestimmten und dem Übermaßverbot entsprechenden
gesetzlichen Ausgestaltung. Das Antiterrordateigesetz genügt
dem nicht vollständig, nämlich hinsichtlich der Bestimmung der
beteiligten Behörden, der Reichweite der als terrorismusnah erfassten
Personen, der Einbeziehung von Kontaktpersonen, der Nutzung von verdeckt
bereitgestellten erweiterten Grunddaten, der Konkretisierungsbefugnis
der Sicherheitsbehörden für die zu speichernden Daten und der
Gewährleistung einer wirksamen Aufsicht.
-
Die uneingeschränkte Einbeziehung von Daten in die Antiterrordatei,
die durch Eingriffe in das Brief- und Fernmeldegeheimnis und das Recht
auf Unverletzlichkeit der Wohnung erhoben wurden, verletzt Art. 10
Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 GG.
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20.04.2016 |
1 BvR 966/09 1 BvR 1140/09
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Bundeskriminalamtsgesetz -
Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der
Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (Artikel 1 des Gesetzes über
das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in
kriminalpolizeilichen Angelegenheiten) (Bundeskriminalamtgesetz - BKAG) § 32 Berichtigung,
Löschung und Sperrung personenbezogener Daten in Dateien.
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Urteil:
- § 20h Absatz 1 Nummer 1 c des Bundeskriminalamtgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Abwehr von
Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt vom 25. Dezember 2008 (Bundesgesetzblatt
I Seite 3083) und in der Fassung späterer Gesetze verstößt gegen Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes und
ist nichtig.
- § 20v Absatz 6 Satz 5 Bundeskriminalamtgesetz verstößt gegen Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit
Artikel 1 Absatz 1, Artikel 10 Absatz 1, Artikel 13 Absatz 1, jeweils in Verbindung mit Artikel 19 Absatz
4 des Grundgesetzes, und ist nichtig.
- § 14 Absatz 1 (ohne Satz 1 Nummer 2), § 20g Absatz 1 bis 3, §§ 20h, 20j, 20k, 20l, § 20m Absatz 1,
3, § 20u Absatz 1, 2 und § 20v Absatz 4 Satz 2, Absatz 5 Satz 1 bis 4 (ohne Satz 3 Nummer 2), Absatz 6
Satz 3 des Bundeskriminalamtgesetzes sind nach Maßgabe der Urteilsgründe mit Artikel 2 Absatz 1 in
Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 10 Absatz 1, Artikel 13 Absatz 1 und 3 - auch in Verbindung
mit Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz - nicht vereinbar.
(Persönlich geführte Klage, siehe auch Argumente gegen die heimliche Online-Durchsuchung)
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