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Erstellt:13.03.2009
Aktualisiert:21.04.2016
  

Verfassungswidrige Gesetze und Beschlusse

 

Nachfolgend finden Sie eine Liste von Gesetzen, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wegen ihrer Verfassungswidrigkeit fur nichtig erklärt hat. Interessanterweise sind das nicht nur ein paar, sondern gleich alle Überwachungs- bzw. Sicherheitsgesetze, die nach 9/11 von den Bundesregierungen verabschiedet wurden. Das ist kein Dilletantismus, kein Versehen und kein Leichtsinn, sondern der offene und systematische Angriff auf unsere Grund- und Burgerrechte. Es ist der unverhohlene Versuch, die Grenzen der Verfassung zu uberdehnen.

Arikel 1 Grundgesetz

  1. Die Wurde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schutzen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
  2. Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
  3. Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Die gesetzgebende Gewalt ist an die Grundrechte gebunden. Es wäre nicht nur ihre Plicht, sich an die Verfassung zu halten, sondern auch, sie mit aller Kraft zu schutzen. Stattdessen versucht die Bundesregierung wo immer es geht, das Grundgesetz auszuhebeln, es zu umgehen oder seine Grenzen zu verwischen. Das ist ein Zeichen, daß es unseren Politikern lästig ist.

Dabei wird das BVerfG wie auf dem turkischen Bazar ausgetrickst: Man fordert in einem eindeutig verfassungswidrigen Gesetz zunächst das Doppelte dessen, was man sich als Innenminister an Grundrechtseingriffen wunscht und kann nur gewinnen. Wird das BVerfG nicht angerufen, hat man mehr, als man eigentlich wollte. Wird das BVerfG jedoch angerufen, kann man sich sicher sein, daß es einem auf halbem Wege entgegenkommt. Auf diese Weise hat sich Herr Schäuble die heimliche Online-Durchsuchung ergaunert. Bis dahin hat niemand geglaubt, daß der Staat einmal die Erlaubnis bekommen wurde, heimliche Durchsuchungen vorzunehmen. Sogar der Bundesgerichtshof (BGH) glaubte bis dahin:

Das Bild der Strafprozessordnung von einer rechtmäßigen Durchsuchung ist dadurch geprägt, dass Ermittlungsbeamte am Ort der Durchsuchung körperlich anwesend sind und die Ermittlungen offen legen. [...] Dafur sprechen zunächst die Vorschriften der Strafprozessordnung uber die Durchfuhrung der Durchsuchung. § 106 Abs. 1 Satz 1 StPO sieht ausdrucklich ein Recht des Inhabers der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände auf Anwesenheit vor.
(BGH STB 18/06)
[Quelle]

Da kann man sich zurecht die Frage stellen, ob die Bundesregierung noch auf dem Boden der Verfassung steht, oder ob sie nicht in Wahrheit der gefährlichste, weil einflußreichste Feind unserer Verfassung ist.

Die Grundrechte der Burger sind in den Augen unserer Regierenden ein ärgerliches Hindernis, denn sie begrenzen die Macht des Staates. Aber der Staat will allmächtig und in jeder Situation vollumfänglich handlungsfähig sein. Er möchte Kameras in deutschen Schlafzimmern verstecken, sich heimlich in die Gedanken- und Gefuhlswelt seiner Burger einschleichen, und naturlich auch vollbesetzte Flugzeuge abschießen (mehr dazu) durfen, wenn er es nur fur gut und richtig hält. Ähnlich wie der ehemalige stellvertretende frankfurter Polizeipräsident Daschner es nicht ertragen konnte, wegen einschränkender Gesetze handlungsunfähig zu sein und deshalb mit Folterandrohungen sein durchaus nobles Ziel zu erreichen suchte, kann es die Staatsmacht nicht ertragen, daß auch ihr Grenzen gesetzt sind.

Das Problem ist, daß unsere Volksvertreter absolute Narrenfreieheit genießen und nicht mit Konsequenzen rechnen mussen, wenn sie verfassungswidrigen Gesetzen zustimmen oder solche einbringen. So wie jeder normale Burger bestraft wird, wenn er sich nicht an Recht und Ordnung hält, mußten auch Politiker endlich mit Konsequenzen rechnen, wenn sie sich nicht an Artikel 1 (3) des Grundgesetzes halten. Doch ein solches Gesetz wird auf ewig Wunschtraum bleiben, denn welcher Abegordnete wurde schon einem Gesetz zustimmen, das ihn selbst bedroht?

03.03.2004

1 BvF 3/92

Außenwirtschaftsgesetz

Urteil:

Die §§ 39, 40 und 41 des Außenwirtschaftsgesetzes, zuletzt geändert durch das Zollfahndungsneuregelungsgesetz vom 16. August 2002 (Bundesgesetzblatt I Seite 3202), sind mit Artikel 10 des Grundgesetzes unvereinbar.

03.03.2004

1 BvR 2378/98
1 BvR 1084/99

  • Gesetz zur änderung des Grundgesetzes (Artikel 13)
  • Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität

(grosser Lauschangriff)

Urteil:

  1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdefuhrers zu 1a ist durch seinen Tod erledigt.
  2. Unvereinbar nach Maßgabe der Grunde sind von den Vorschriften der Strafprozessordnung in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 4. Mai 1998 (Bundesgesetzblatt I Seite 845) und in der Fassung späterer Gesetze
    • § 100 c Absatz 1 Nummer 3, § 100 d Absatz 3, § 100 d Absatz 5 Satz 2 und § 100 f Absatz 1 mit Artikel 13 Absatz 1, Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes,
    • § 101 Absatz 1 Satz 1 und 2 daruber hinaus mit Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes,
    • § 101 Absatz 1 Satz 3 mit Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes und
    • § 100 d Absatz 4 Satz 3 in Verbindung mit § 100 b Absatz 6 mit Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
  3. Im ubrigen werden die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdefuhrer zu 1b und 2 zuruckgewiesen.
  4. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdefuhrern zwei Drittel ihrer notwendigen Auslagen zu erstatten.

18.07.2005

2 BvR 2236/04

Europäisches Haftbefehlsgesetz - EuHbG

Urteil:

  1. Das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses uber den Europäischen Haftbefehl und die ubergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Europäisches Haftbefehlsgesetz – EuHbG) vom 21. Juli 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 1748) verstößt gegen Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3, Artikel 16 Absatz 2 und Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes und ist nichtig.
  2. Der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 23. November 2004 - Ausl 28/03 - verletzt den Beschwerdefuhrer in seinem Grundrecht aus Artikel 16 Absatz 2 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Hanseatische Oberlandesgericht zuruckverwiesen.
  3. Die Bewilligungsentscheidung der Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 24. November 2004 - 9351 E - S 6 - 26.4 - verletzt den Beschwerdefuhrer in seinen Grundrechten aus Artikel 16 Absatz 2 und Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Die Bewilligungsentscheidung wird aufgehoben.
  4. Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdefuhrer seine notwendigen Auslagen aus dem Verfahren der einstweiligen Anordnung und der Verfassungsbeschwerde zu erstatten.

27.07.2005

1 BvR 668/04

Niedersächsisches Gesetz uber die öffentliche Sicherheit und Ordnung

Urteil:

  1. § 33a Absatz 1 Nummer 2 und 3 des Niedersächsischen Gesetzes uber die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds.SOG) in der Fassung von Artikel 1 des Gesetzes zur änderung des Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes vom 11. Dezember 2003 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 414) und in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 2005 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 9) ist mit Artikel 10 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
  2. Das Land Niedersachsen hat dem Beschwerdefuhrer seine notwendigen Auslagen zu erstatten

15.02.2006

1 BvR 357/05

Luftsicherheitsgesetzes (LuftSiG)
(Flugzeugabschuss)

Urteil:

  1. § 14 Absatz 3 des Luftsicherheitsgesetzes vom 11. Januar 2005 (Bundesgesetzblatt I Seite 78) ist mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 87 a Absatz 2 und Artikel 35 Absatz 2 und 3 sowie in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
  2. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdefuhrern ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

04.04.2006

1 BvR 518/02 

Rasterfahndung

Urteil:

  1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Dusseldorf vom 8. Februar 2002 - 3 Wx 356/01 -, der Beschluss des Landgerichts Dusseldorf vom 29. Oktober 2001 - 25 T 873/01 – und der Beschluss des Amtsgerichts Dusseldorf vom 2. Oktober 2001 - 151 Gs 4092/01 - verletzen den Beschwerdefuhrer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Beschlusse des Oberlandesgerichts und des Landgerichts werden aufgehoben. Das Verfahren wird an das Landgericht zuruckverwiesen.
  2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdefuhrer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

13.06.2007

1 BvR 1550/03
1 BvR 2357/04
1 BvR 603/05

- Gesetz uber das Kreditwesen
- Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit

Urteil:

  1. § 93 Absatz 8 der Abgabenordnung vom 23. Dezember 2003 (Bundesgesetzblatt I Seite 2928), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung und zur Schaffung eines Refinanzierungsregisters vom 22. September 2005 (Bundesgesetzblatt I Seite 2809), ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Die Beschwerdefuhrer zu 2a und 2b werden durch § 93 Absatz 8 der Abgabenordnung in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel§nbsp;1 Absatz 1 des Grundgesetzes verletzt.
  2. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdefuhrers zu 1b in dem Verfahren 1 BvR 2357/04 wird verworfen, soweit sie gegen § 93 Absatz 8 der Abgabenordnung gerichtet ist. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdefuhrer zu 2a und 2b wird verworfen, soweit sie gegen § 93 Absatz 7 der Abgabenordnung gerichtet ist. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdefuhrers zu 2c wird verworfen
  3. Im ubrigen werden die Verfassungsbeschwerden zuruckgewiesen.
  4. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdefuhrern zu 2a und 2b die Hälfte der notwendigen Auslagen zu erstatten.

27.02.2008

1 Bvr 370/07
1 BvR 595/07

Gesetz zur änderung des Gesetzes uber den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen
(heimliche Onlinedurchsuchung)

Urteil:

  1. § 5 Absatz 2 Nummer 11 des Gesetzes uber den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2006 (Gesetz- und Verordnungsblatt fur das Land Nordrhein-Westfalen, Seite 620) ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 10 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
  2. Damit erledigen sich die von den Beschwerdefuhrern gegen § 5 Absatz 3 und § 17 des Gesetzes uber den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen erhobenen Rugen.
  3. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdefuhrers zu 1b wird zuruckgewiesen, soweit sie gegen § 5a Absatz 1 des Gesetzes uber den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen gerichtet ist.
  4. Im ubrigen werden die Verfassungsbeschwerden verworfen.
  5. Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Beschwerdefuhrern drei Viertel ihrer notwendigen Auslagen zu erstatten.

11.03.2008

1 BvR 2074/05
1 BvR 1254/07

Hessisches Gesetz uber die öffentliche Sicherheit und Ordnung
(automatische Kennzeichenerfassung)

Urteil:

  1. § 14 Absatz 5 des Hessischen Gesetzes uber die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2005 (Gesetz- und Verordnungsblatt fur das Land Hessen, Teil I, Seite 14) ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
  2. § 184 Absatz 5 des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes fur das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz - LVwG -) in der Fassung von Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b des Gesetzes zur Anpassung gefahrenabwehrrechtlicher und verwaltungsverfahrensrechtlicher Bestimmungen vom 13. April 2007 (Gesetz- und Verordnungsblatt fur Schleswig-Holstein, Seite 234) ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
  3. Das Land Hessen hat den Beschwerdefuhrern zu 1, das Land Schleswig-Holstein dem Beschwerdefuhrer zu 2 deren notwendige Auslagen zu erstatten.

11.03.2008

1 BvR 256/08

Vorratsdatenspeicherung

Urteil:

  1. § 113b Satz 1 Nummer 1 des Telekommunikationsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 3198) ist bis zur Entscheidung in der Hauptsache nur mit folgenden Maßgaben anzuwenden:
    Aufgrund eines Abrufersuchens einer Strafverfolgungsbehörde nach § 100g Absatz 1 der Strafprozessordnung, das sich auf allein nach § 113a des Telekommunikationsgesetzes gespeicherte Telekommunikations- Verkehrsdaten bezieht, hat der durch das Abrufersuchen verpflichtete Anbieter von Telekommunikationsdiensten die verlangten Daten zu erheben. Sie sind jedoch nur dann an die ersuchende Behörde zu ubermitteln, wenn Gegenstand des Ermittlungsverfahrens gemäß der Anordnung des Abrufs eine Katalogtat im Sinne des § 100a Absatz 2 der Strafprozessordnung ist und die Voraussetzungen des § 100a Absatz 1 der Strafprozessordnung vorliegen. In den ubrigen Fällen des §  100g Absatz 1 der Strafprozessordnung ist von einer ubermittlung der Daten einstweilen abzusehen. Der Diensteanbieter hat die Daten zu speichern. Er darf die Daten nicht verwenden und hat sicherzustellen, dass Dritte nicht auf sie zugreifen können.
  2. Die Bundesregierung hat dem Bundesverfassungsgericht zum 1. September 2008 nach Maßgabe der Grunde uber die praktischen Auswirkungen der in § 113a des Telekommunikationsgesetzes vorgesehenen Datenspeicherungen und der vorliegenden einstweiligen Anordnung zu berichten. Die Länder und der Generalbundesanwalt haben der Bundesregierung die fur den Bericht erforderlichen Informationen zu ubermitteln.
  3. Im ubrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
  4. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdefuhrern ein Drittel der notwendigen Auslagen im Verfahren uber den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.

17.02.2009

1 BvR 2492/08

bayerisches Versammlungsrecht

Urteil:

  1. Artikel 21 Nummer 1, 2, 7, 13 und 14 des Bayerischen Versammlungsgesetzes vom 22. Juli 2008 (GVBl S. 421) wird einstweilen außer Kraft gesetzt.
  2. Artikel 9 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Versammlungsgesetzes ist einstweilen mit der Maßgabe anzuwenden, dass zugleich die Voraussetzungen des Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 des Bayerischen Versammlungsgesetzes vorliegen mussen. Eine Auswertung der ubersichtsaufzeichnungen ist nur unverzuglich nach Beendigung der Versammlung zulässig. Soweit danach die Daten nicht in Bezug auf einzelne Personen zur Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit der aufgezeichneten Versammlung oder zur Abwehr kunftiger versammlungsspezifischer Gefahren gemäß Artikel 9 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 des Bayerischen Versammlungsgesetzes benötigt werden, mussen sie innerhalb von zwei Monaten gelöscht oder irreversibel anonymisiert werden. Soweit Artikel 9 Absatz 2 und 4 des Bayerischen Versammlungsgesetzes weitergehende Nutzungen zulässt, wird die Vorschrift einstweilen außer Kraft gesetzt.
  3. Artikel 9 Absatz 2 Satz 1 des Bayerischen Versammlungsgesetzes ist einstweilen mit der Maßgabe anzuwenden, dass ubersichtsaufnahmen zur Lenkung und Leitung des Polizeieinsatzes nur zulässig sind, wenn sie wegen der Größe oder Unubersichtlichkeit der Versammlung im Einzelfall erforderlich sind.
  4. Im ubrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
  5. Der Freistaat Bayern hat den Beschwerdefuhrern ein Drittel der notwendigen Auslagen im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.

03.03.2009

2 BvC 3/07
2 BvC 4/07

elektronische Wahlgeräte

Urteil:

  1. Die Verordnung uber den Einsatz von Wahlgeräten bei Wahlen zum Deutschen Bundestag und der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Bundeswahlgeräteverordnung - BWahlGV) vom 3. September 1975 (Bundesgesetzblatt I Seite 2459) in der Fassung der Verordnung zur änderung der Bundeswahlgeräteverordnung und der Europawahlordnung vom 20. April 1999 (Bundesgesetzblatt I Seite 749) ist mit Artikel 38 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 1 und Absatz 2 des Grundgesetzes insoweit unvereinbar, als sie keine dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl entsprechende Kontrolle sicherstellt.
  2. Die Verwendung der elektronischen Wahlgeräte der N.V. Nederlandsche Apparatenfabriek (Nedap) vom Typ ESD1 Hardware-Versionen 01.02, 01.03 und 01.04 sowie vom Typ ESD2 Hardware-Version 01.01 bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag war mit Artikel 38 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 1 und Absatz 2 des Grundgesetzes nicht vereinbar.
  3. Im ubrigen werden die Wahlprufungsbeschwerden zuruckgewiesen.
  4. Die Bundesrepublik Deutschland hat die notwendigen Auslagen dieses Verfahrens dem Beschwerdefuhrer zu 1. vollumfänglich und dem Beschwerdefuhrer zu 2. zu drei Viertel zu erstatten.

02.03.2010

1 BvR 256/08
1 BvR 263/08
1 BvR 586/08

Vorratsdatenspeicherung
(BGBl.Nr.70 vom 31.12.2007)

Urteil:

  1. 1.Die §§ 113a und 113b des Telekommunikationsgesetzes in der Fassung des Artikel 2 Nummer 6 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsuberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 verstoßen gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.
  2. § 100g Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung in der Fassung des Artikel 1 Nummer 11 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsuberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 verstößt, soweit danach Verkehrsdaten nach § 113a des Telekommunikationsgesetzes erhoben werden durfen, gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist insoweit nichtig.
  3. Die aufgrund [...] erhobenen, aber einstweilen nicht nach § 113b Satz 1 Halbsatz 1 des Telekommunikationsgesetzes an die ersuchenden Behörden ubermittelten, sondern gespeicherten Telekommunikationsverkehrsdaten sind unverzuglich zu löschen.

24.02.2012

1 BvR 1299/05

Herausgabe Bestandsdaten nach § 113 Telekommunikationsgesetz
Fassung vom 22.06.2004 ( BGBl. I vom 25.06.2004 )

Urteil:

  1. § 113 Absatz 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 1190) ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.
    ubergangsweise, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2013, gilt die Vorschrift mit der Maßgabe fort, daß die in der Vorschrift genannten Daten nur erhoben werden durfen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen fur ihre Nutzung gegeben sind.
  2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen §113 Absatz 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 1190) richtet, wird sie zuruckgewiesen, mit der Maßgabe, daß die Vorschrift in ubereinstimmung mit den Grunden dieser Entscheidung (C. IV. 1.-3.) verfassungskonform auszulegen ist und damit nur in Verbindung mit qualifizierten Rechtsgrundlagen fur den Datenabruf und nicht zur Zuordnung dynamischer IP-Adressen angewendet werden darf.
    ubergangsweise, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2013, darf die Vorschrift auch unabhängig von diesen Maßgaben angewendet werden.

24.04.2013

1 BvR 1215/07

Antiterrordateigesetz -
Gesetz zur Errichtung einer standardisierten zentralen Antiterrordatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern (ATDG)

Urteil:

  1. Die Errichtung der Antiterrordatei als Verbunddatei verschiedener Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus [...] ist in ihren Grundstrukturen mit der Verfassung vereinbar.
  2. [...]
  3. Eine Verbunddatei zwischen Sicherheitsbehörden wie die Antiterrordatei bedarf hinsichtlich der zu erfassenden Daten und ihrer Nutzungsmöglichkeiten einer hinreichend bestimmten und dem ubermaßverbot entsprechenden gesetzlichen Ausgestaltung. Das Antiterrordateigesetz genugt dem nicht vollständig, nämlich hinsichtlich der Bestimmung der beteiligten Behörden, der Reichweite der als terrorismusnah erfassten Personen, der Einbeziehung von Kontaktpersonen, der Nutzung von verdeckt bereitgestellten erweiterten Grunddaten, der Konkretisierungsbefugnis der Sicherheitsbehörden fur die zu speichernden Daten und der Gewährleistung einer wirksamen Aufsicht.
  4. Die uneingeschränkte Einbeziehung von Daten in die Antiterrordatei, die durch Eingriffe in das Brief- und Fernmeldegeheimnis und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung erhoben wurden, verletzt Art. 10 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 GG.

20.04.2016

1 BvR 966/09  1 BvR 1140/09

Bundeskriminalamtsgesetz -
Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (Artikel 1 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten) (Bundeskriminalamtgesetz - BKAG) § 32 Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten in Dateien.

Urteil:

  1. § 20h Absatz 1 Nummer 1 c des Bundeskriminalamtgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt vom 25. Dezember 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 3083) und in der Fassung späterer Gesetze verstößt gegen Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist nichtig.
  2. § 20v Absatz 6 Satz 5 Bundeskriminalamtgesetz verstößt gegen Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 10 Absatz 1, Artikel 13 Absatz 1, jeweils in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, und ist nichtig.
  3. § 14 Absatz 1 (ohne Satz 1 Nummer 2), § 20g Absatz 1 bis 3, §§ 20h, 20j, 20k, 20l, § 20m Absatz 1, 3, § 20u Absatz 1, 2 und § 20v Absatz 4 Satz 2, Absatz 5 Satz 1 bis 4 (ohne Satz 3 Nummer 2), Absatz 6 Satz 3 des Bundeskriminalamtgesetzes sind nach Maßgabe der Urteilsgründe mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 10 Absatz 1, Artikel 13 Absatz 1 und 3 - auch in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz - nicht vereinbar.
(Persönlich geführte Klage, siehe auch Argumente gegen die heimliche Online-Durchsuchung)

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